Wenn Essen mehr ist als Ernährung

Wenn Essen mehr ist als Ernährung
Diskutierten bei LK Klartext über Ernährung: LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger, Marktforscher Johannes Mayr, Chemiker und Autor Udo Pollmer, Autor Nils Binnberg, LKÖ-Abteilungsleiter Adolf Marksteiner, Ernährungsreferentin der LK OÖ Katrin Fischer und LKÖ-Referatsleiter Christian Jochum

Die LK Österreich widmete ihre jüngste Veranstaltung der Diskussionsreihe Klartext der „Realität auf unseren Tellern“. Fake Meat und Schummelkäse gehören dabei längst zum Alltag.

Essen ist mehr als Ernährung“, betonte Katrin Fischer. Sie ist Ernährungs-Referentin in der LK Oberösterreich und erklärte bei der LK Klartext-Veranstaltung Anfang der Woche in Wien: „Bei Ernährung geht es heutzutage um Selbstoptimierung.“ So sieht das auch Buchautor Nils Binnberg. „Essen ist ein derart großer Teil unserer Identität geworden, sogar größer als Mode, dass es ähnlich sinnstiftend wirkt wie Religionen.“ Mit dem, was ich esse, oder eben nicht esse, grenze ich mich von anderen ab. Fleisch zu essen, ist in manchen Kreisen sogar schon verpönt. Man ist nicht mehr, was man isst, sondern, was man nicht isst.  Laut Fischer sind viele der Trends, von vegan bis zum Frutarier, „Konsequenzen des aus dem Ruder gelaufenen Fleischkonsums“. Den Fleischgusto mit Imitaten zu stillen, sahen die Diskutanten jedoch durchwegs kritisch, sei es durch pflanzliche Alternativen oder überhaupt durch Laborfleisch.

Abgrenzung ist alles
Johannes Mayr von Keyquest Marktforschung erhob diesbezüglich die Zahlen zum österreichischen Markt. Der Wachstumstrend bei Milch-Imitaten liegt seit 2014 bei etwa sechs Prozent pro Jahr, bei Fleisch-Imitaten sind es ca. fünf Prozent. Auch der Anteil der Vegatarier und Veganer nimmt zu – allerdings deutlich langsamer, als man aufgrund der Medienpräsenz vermuten würde. Sechs Prozent der Befragten gaben an, vegan oder vegetarisch zu leben, was einem Plus von drei Prozentpunkten seit 2012 entspricht. Den Trend hin zu Imitaten treiben also nicht die vielen Veganer an, sondern vielmehr die Angebotsseite, die ständig nach Differenzierungsmöglichkeiten sucht, sowie der Konsument, der sich über seine Lebensmittelwahl von anderen abgrenzen möchte, erklärte Mayr. Mayr rät den Landwirten, die Fleisch oder Milch produzieren, nicht gegen diese Trends anzukämpfen, sondern sich mit den Wünschen der Konsumenten zu beschäftigen und auf die eigenen Stärken zu bauen. Gerade entstehen etwa Gegentrends zu hochwertigem teurem Fleisch oder wenig verarbeiteten Lebensmitteln.

Auch Adolf Marksteiner, Leiter der LKÖ-Abteilung für Marktpolitik, betonte: „Fleischkonsum bleibt eine ethische Fragestellung.“ Daher müsse sich auch die gesamte Wertschöpfungskette Fleisch darum bemühen, die hohen Qualtätsstandards zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Auch der Lebensmittelchemiker und Buchautor Udo Pollmer ließ kein gutes Haar an Lebensmittelimitaten. Besonders das in Laboren aus Zellkulturen hergestellte Fleisch, gehe mit einer Unzahl an Nachteilen einher. So ist gibt es aktuell noch keinen Ersatz für das Nährserum, das aus dem Herz von ungeborenen Kälbern gewonnen werden muss und so den Tierwohl-Gedanken ad absurdum führt. Auch müssen in einer größeren Fabrik zur Erzeugung des Kunstfleisches Antibiotika eingesetzt werden – die Hygiene im Stall ist hier deutlich billiger, da Tiere über ein Immunsystem verfügen, dass Erreger abwehrt, Stammzellen haben das nicht. Und zuletzt muss die Brühe aus den Produktionsstätten entsorgt werden. Die Reststoffe der lebenden Tiere hingegen werden als wertvoller Dünger genützt.

Ein eitler Wahn
Weltweit arbeiten Firmen allerdings mit Nachdruck und immens viel Geld daran, diese Probleme zu beheben, um das Laborfleisch marktfähig zu machen. Pollmer sieht hier aber eher die Pharma- als die Lebensmittelindustrie als Treiber der Forschung, da hohes Interesse daran besteht, irgendwann Organe in Laboren züchten ten zu können. Laut Pollmer ist der ganze Ernährungshype generell nichts als ein eitler Wahn, „der in Ernährungsformen mündet, die unsere Lebensgrundlagen schädigen“.

Aus der Sicht der Landwirte bezog Hausherr und LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger Stellung zu Laborfleisch und Schummelkäse. Er will vor allem eines: Fairness am Markt für die Landwirte. Weil die Imitate den Originalen immer ähnlicher werden, muss es klare Bezeichnungsvorschriften geben. Nur das Original soll als Fleisch oder Wurst bezeichnet werden, wie es bei Milch bereits der Fall ist. „Daher ist EU-weit ein Bezeichnungsschutz nötig“, forderte Moosbrugger.

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