Wirtschaftsbarometer Steiermark: Konjunktur gewinnt an Fahrt

Wirtschaftsbarometer Steiermark: Konjunktur gewinnt an Fahrt
v.l.: WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Ewald Verhounig (Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung) (Foto: Fischer)

Graz (A) Umsatz, Auftragslage und auch Beschäftigung entwickeln sich im aktuellen Wirtschaftsbarometer der WKO Steiermark positiv – damit verdeutlicht sich der konjunkturelle Aufschwung. Trotzdem überwiegt in der Gesamtbetrachtung immer noch die Unsicherheit: 23 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer Verschlechterung der Lage aus, nur 18 Prozent erwarten eine Besserung.

Der Erwartungssaldo ist hiermit zum zehnten Mal in Folge negativ (-5 Prozentpunkte), nähert sich aber erstmals seit langem dem Positivbereich. „Und die meisten Trendpfeile zeigen nach oben“, betont WKO Steiermark Präsident Josef Herk: „Wir müssen zusehen, dass die Konjunktur jetzt weiter Fahrt aufnimmt. Mit Maßnahmen und mutigen Reformen, die den Unternehmern das Vertrauen in die Politik zurückgeben – einem ,Real Deal‘ für unseren Standort.“

Die konjunkturelle Gesamtsicht ist und bleibt von Unsicherheit geprägt – die  positiven Ansätze haben sich aber verdeutlicht. So lautet kurzgefasst die Quintessenz des brandaktuellen Wirtschaftsbarometers der WKO Steiermark. Demnach fallen die Einschätzungen der Unternehmer zum bisherigen Geschäftsverlauf bezüglich Umsatz (+15,3%), Auftragslage (+17,2%), Beschäftigung (+10,7%) aber auch Investitionen (+3,1%) positiv aus, die wirtschaftliche Gesamtsicht wird allerdings weiterhin negativ beurteilt. Das Ergebnis im Detail: 23 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus, 18 Prozent von einer Besserung. Unterm Strich ergibt das ein Negativsaldo von -5 Prozentpunkten, wobei auch hier der Trendpfeil eindeutig nach oben zeigt. Zur Erklärung: Diese Saldowerte werden berechnet aus den Unternehmen, die ihre Geschäftslage positiv bewerten, abgezogen jenen, die sie negativ beurteilen.

Insgesamt 712 steirische Unternehmerinnen und Unternehmer haben an dieser großen Konjunkturumfrage teilgenommen. „Sie spiegelt sämtliche Branchen, Regionen und Betriebsgrößen wider und lässt darüber hinaus auch einen Vergleich mit bundesweiten Daten zu“, erklärt Ewald Verhounig, Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung der WKO Steiermark. Für Verhounig zeigen die Daten ein klares Bild: „Die Auswirkungen der leichten Konjunkturerholung sind sichtbar, denn die meisten Salden konnten im positiven Bereich verzeichnet werden.

So schätzen die Unternehmer die Geschäftsentwicklung ein

UMSATZ. Im aktuellen Wirtschaftsbarometer melden 43,4 Prozent der steirischen Unternehmer einen Anstieg und 28,1 Prozent einen Rückgang ihres bisherigen Gesamtumsatzes. Der daraus resultierende Saldo von +15,3 Prozentpunkten liegt klar im positiven Bereich, bleibt aber deutlich hinter den Spitzenwerten konjunkturell guter Zeiten zurück. Erfreulich: Auch der Erwartungssaldo klettert mit +22,3 Prozentpunkten deutlich nach oben – das ist das beste Ergebnis seit dem Frühjahr 2011. Konkret rechnen 41 Prozent der befragten Unternehmen in den kommenden Monaten mit einer Umsatzsteigerung, 18,7 Prozent mit einem Rückgang. Zwar glauben vor allem die Groß- und Mittelunternehmen an ein weiteres Umsatzplus, aber auch die Kleinbetriebe weisen hier einen positiven Erwartungssaldo aus.

AUFTRAGSLAGE. Die leichte Aufwärtstendenz beim Auftragslagensaldo hat sich in der aktuellen Umfrage verstärkt. 41,8 Prozent der steirischen Unternehmen melden hier eine Verbesserung der Lage, an, wohingegen 24,6 Prozent sich mit sinkenden Auftragsständen konfrontiert sehen (Saldo: +17,2 Prozentpunkte). Auch die Einschätzungen für das kommende Jahr fallen mehrheitlich positiv aus: es gibt deutlich mehr Optimisten (38,4%) als Pessimisten (18,3%). Der daraus resultierende Erwartungssaldo von 20,1 Prozentpunkten markiert den höchsten Wert seit Frühjahr 2011.

INVESTITIONEN. Die Investitionsbereitschaft bleibt weiter von Vorsicht geprägt. Der Saldo der bisherigen Investitionen liegt mit 3,1 Prozentpunkten nur knapp über der Nulllinie. Allerdings gilt auch hier anzumerken, dass in erster Linie Groß- und Mittelunternehmen überwiegend einen Anstieg ihres Investitionsvolumens rückmelden. Die befragten Kleinunternehmen weisen – wie schon in den vorhergegangenen Umfragen – eher eine geringe Investitionsneigung auf. Der Ausblick auf die kommenden 12 Monate ist erstmals seit 2012 wieder von vorsichtigem Optimismus getragen: Im Detail gehen 26,8% der befragten Unternehmen von einer Erhöhung und 23,2% von einer Verringerung des Investitionsvolumens im kommenden Jahr aus (Erwartungssaldo: 3,7 Prozentpunkte).

BESCHÄFTIGUNG. Die leichte Aufwärtsbewegung in diesem Bereich hält weiter an: 30,9% der befragten Betriebe geben an, dass ihr Personalstand in den vergangenen 12 Monaten aufgestockt wurde, wohingegen 20,2% einen Personalabbau rückmelden. Die Erwartungen sind bei der aktuellen Umfrage überwiegend von Optimismus getragen: 28,3% rechnen in den kommenden 12 Monaten mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahl, während 19,9% von einem Personalabbau ausgehen. Der daraus resultierende Erwartungssaldo von 8,4 Prozentpunkten ist somit erfreulich. Eine baldige Entspannung am Arbeitsmarkt ist aufgrund des steigenden Arbeitskräfteangebots dennoch nicht in Sicht.

EXPORT. Der Außenhandel ist und bleibt die Konjunkturlokomotive in der Steiermark. Laut aktuellem Wirtschaftsbarometer freuen sich in diesem Bereich 52,3 % der Unternehmen über steigende Umsätze, wohingegen sich nur 9,2 % mit sinkenden Exportumsätzen konfrontiert sehen. Unterm Strich ergibt das einen Positivsaldo von 43,1 Prozentpunkten – der beste Wert seit 2011. Auch die Erwartungen der befragten steirischen Exporteure zeugen von Optimismus: 40,2 % rechnen auch im kommenden Jahr mit einer Umsatzsteigerung ihres Auslandsgeschäft, während 20,5 % von einem Rückgang ausgehen. Der Erwartungssaldo liegt somit bei +19,7 Prozentpunkten und unterstreicht abermals die zentrale Rolle des Außenhandels für die steirische Wirtschaft.

Geschäftslage in den Regionen
Die Einschätzung des bisherigen und erwarteten Wirtschaftsklimas in den Regionen ist zweigeteilt: Während sich die Situation für das Murtal (Saldo: 20,8 Prozentpunkte), die Oststeiermark (17,9) sowie Liezen (0,7) verbessert hat, müssen die Hochsteiermark
(-0,7), der Großraum Graz ( 12,3) und die Süd-/Weststeiermark (-18,1) einen negativen Saldo verbuchen. Auch der Ausblick für die kommenden 12 Monate ist weitgehend getrübt. Einzig in der Hochsteiermark und in Liezen bleibt der Anteil an Pessimisten hinter jenem der Optimisten (Erwartungssaldo Hochsteiermark: 17,4 Prozentpunkte; Liezen: 11,9 Prozentpunkte). Die Unternehmen dieser beiden Regionen sehen damit deutlich zuversichtlicher den kommenden 12 Monaten entgegen als der Steiermarkschnitt (Erwartungssaldo: -5,3 Prozentpunkte).

Geschäftslage nach Betriebsgröße

KLEINUNTERNEHMEN. In der Betriebsgrößenklasse der Kleinbetriebe ist im Frühjahr 2016 eine deutliche Verbesserung der Saldowerte zu beobachten: 30,0 % melden für die vergangenen 12 Monate ein Umsatzplus, 27,5 % einen Umsatzrückgang zurück. Der daraus resultierende Saldo von 2,5 Prozentpunkten liegt damit knapp im positiven Bereich. Auch die Erwartungen hinsichtlich der Umsatz-entwicklung in den kommenden 12 Monaten haben sich verbessert: Konkret rechnen 30,3 % mit einem steigenden und 21,1 % mit einem rückläufigen Gesamtumsatz. Mit einem Erwartungssaldo von 9,2 Prozentpunkten markieren die Kleinunternehmen zwar den niedrigsten Wert im Betriebsgrößenvergleich, sind aber überwiegend positiv gestimmt.

MITTELUNTERNEHMEN. Die steirischen Mittelunternehmen zeichnen bezüglich des Gesamtumsatzes weiterhin ein positives Bild. Der Saldo des bisherigen Gesamtumsatzes fällt zwar auf 6,7 Prozentpunkte, bleibt aber deutlich im positiven Bereich. Auch den kommenden 12 Monaten wird überwiegend optimistisch entgegengeblickt: 45,3 % der steirischen Mittelbetriebe rechnen mit einer Erhöhung des Gesamtumsatzes, während 18,9 Prozent von einem Umsatzrückgang ausgehen. Der daraus resultierende Erwartungssaldo von 26,4 Prozentpunkten liegt damit über dem Steiermarkschnitt von 22,3 Prozentpunkten.

GROSSUNTERNEHMEN. Die Salden der Großunternehmen bezüglich des Gesamtumsatzes bleiben bei der diesjährigen Frühjahrsumfrage auf hohem Niveau. Der Saldo des bisherigen Gesamtumsatzes liegt bei 30,1 Prozentpunkten, während der Erwartungssaldo auf 27,3 Prozentpunkte klettert. Ein ausschlaggebender Grund für die gute Gesamtumsatz-entwicklung ist unter anderem der Außenhandel: 58,3 % der Großbetriebe konnten in den letzten 12 Monaten ihren Exportumsatz steigern, wohingegen kein einziger Großbetrieb einen Rückgang des Exportumsatzes vermeldet. 

„REAL DEAL“ für unseren Wirtschaftsstandort
Damit die Konjunktur nun weiter Fahrt aufnimmt, müsse die Politik ein Zeichen für ein neues Vertrauensklima setzen. „Denn Konjunktur passiert bekanntlich zu einem großen Teil in den Köpfen“, betont WKO Steiermark Präsident Josef Herk. „Die Bundesregierung hat hier einen New Deal angekündigt. Angesichts der ersten Rückfälle in alte Gepflogenheiten brauchen wir aber eher einen Real Deal – einen Pakt für Arbeit durch Investitionen und Entlastung der Wirtschaft, der das Gemeinsame vor das Trennende stellt. Leistung muss sich lohnen“, so Herk. Konkret enthält dieser „Real Deal“ fünf Maßnahmen, die die heimische Wirtschaft unterm Strich um eine Milliarde Euro entlasten würden:

- Investitionsfreibetrag: Es ist unabdingbar, dass das Wirtschaftswachstum durch geeignete Maßnahmen angekurbelt wird. Eine wesentliche Säule dabei ist die Beseitigung des Investitionsstaus. Die WKO Steiermark macht sich darum für die Einführung eines Investitionsfreibetrags stark, der den zu versteuernden Gewinn eines Unternehmens mindert und Unternehmen Anreize bietet, rascher und in höherem Ausmaß neue Investitionen zu tätigen. Darüber hinaus machen wir uns für eine flexible Gestaltung der AfA (Absetzung für Abnutzung) stark. Österreich ist hier eines von wenigen Ländern in Europa, das bei der Abschreibung keine Wahlmöglichkeit bietet. Eine degressive Afa würde die steuerliche Abschreibung der tatsächlichen Wertentwicklung des Investitionsgutes annähern und dem Unternehmen einen Liquiditätsvorteil bringen. Weiters machen wir uns für eine Anhebung der Grenze für geringfügige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro stark, das würde vor allem Kleinunternehmer entlasten. Derzeit liegt die seit dem Jahr 1982 nicht mehr valorisierte Grenze bei 400 Euro. Eine vierte, aus Sicht der WKO längst überfällige Maßnahme wäre der Vorsteuerabzug für einen betrieblich genutzten Pkw. Auf Landesebene könnte man mit einem eigenen Investitionszuwachsprämien-Modell, das derzeit in Salzburg in Umsetzung ist, Bundesmaßnahmen verstärken.

- Reduktion der beauftragten Personen um 20 Prozent: In der Öffentlichkeit werden zwar seit Jahren Bestrebungen kundgetan, behördliche Überprüfungen zu bündeln, die gelebte Praxis scheint jedoch eine andere zu sein. Es gibt derzeit über 100 sogenannte Beauftragte, die den Unternehmen in Österreich mehr als eine Mrd. € pro Jahr an Kosten bereiten. Das reicht vom Abfallbeauftragten bis hin zum Ersthelfer. Dazu ein Beispiel aus der Praxis eines Metallbearbeitungsbetriebs mit 140 Mitarbeitern, dieser braucht u.a. folgende Beauftragte:

•             einen Arbeitsmediziner,
•             eine Sicherheitsfachkraft,
•             einen Abfallbeauftragten,
•             zwei Brandschutzbeauftragte,
•             sieben Ersthelfer,
•             drei Sicherheitsvertrauenspersonen,
•             einen Arbeitspsychologen,
•             einen Umweltschutzbeauftragten sowie
•             einen Beauftragten nach Norm EN1090 für die Stahltragewerk-Hersteller

Herk: „Einsparungen in diesem Bereich sind die günstigste Form der Wirtschaftsförderung, denn sie kosten lediglich den entsprechenden politischen Willen. Ist dieser Wille – der letztlich mehr Eigenverantwortung heißt - vorhanden, können 20 Prozent der Beauftragten ohne Probleme eingespart werden.“

- Lohnnebenkosten: Österreich zählt zu den Ländern mit den höchsten Lohn- und Lohnnebenkosten. Das belastet die Wirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Lohnverrechnung verursacht den Unternehmen einen enormen Aufwand. Deshalb müssen alle Potenziale zur Senkung der Lohnnebenkosten ausgeschöpft und neue Potenziale durch Kostenwahrheit und Strukturreformen geschaffen werden. Kurzfristig sollen die Lohnnebenkosten um 500 Millionen Euro reduziert werden, das entspricht 0,5% der Lohnsumme, und zwar insbesondere in den folgenden Bereichen:

•    Ersatzlose Streichung der Auflösungsabgabe
•    Senkung der Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds und des Nacht-
          schwerarbeitsbeitrags
•    Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags
•    Mittelfristig sollen die Lohnnebenkosten durch Einführung einer          
          arbeitgeberseitigen Pauschalabgabe von 25 Prozent gesenkt werden
•    Vereinfachung der Lohnverrechnung

- GKK-Problematik: Die Abgrenzung Selbständigkeit/Unselbständigkeit ist nach wie vor ein Dauerthema für zahlreiche Branchen und führt in vielen Fällen zu existenzbedrohenden Nachzahlungen für Unternehmen. Hinsichtlich der Forderung nach mehr Rechtssicherheit für Selbständige (Rückwirkungsschutz betreffend die Nachzahlungen an die GKK) konnten in den letzten Jahren leider keine Erfolge erzielt werden. Lösungsvorschlag: Rückwirkungsschutz - Vorschlag von Univ. Prof. Schrank zur Änderung des GSVG - § 2 Abs. 4 neu GSVG. Keine rückwirkende Einbeziehung eines Versicherten in die ASVG-Versicherungspflicht, wenn der Versicherte seine GSVG-Beiträge korrekt abgeführt hat.

- Energie/Ökostrompauschale: Die Höhe des Ökostromförderbeitrags wird jährlich aufs Neue durch eine Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft bestimmt. Der Finanzierungsbedarf für die Förderung von Ökostromanlagen beträgt derzeit bereits 824 Mio. Euro, wovon laut Ökostromgesetz 38 % oder 313 Mio. Euro über die Ökostrompauschale aufgebracht werden müssen, der Restbetrag von etwa 511 Mio. Euro muss über den Ökostromförderbeitrag finanziert werden. Aus Sicht der Wirtschaft gilt es nunmehr vor allem das System der Mehrfachzählpunkte zu lösen und sowie eine generelle Deckelung des Systems mit 500 Mio. € anzustreben, sonst drohen hier ab 2017 Mehrkosten jenseits der Milliardenschwelle. Das Mehrfachzählpunktesystem alleine belastet die heimische Wirtschaft mit gut 100 Mio. € in Österreich.

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