Wirtschaftskonvent macht Kärnten Mut

Wirtschaftskonvent macht Kärnten Mut

Klagenfurt (A) Stagflationsgefahr, Ukrainekrieg & Klimawandel zum Trotz hat Kärnten beste Aussichten, betonten WKO-Präsident Mahrer, Wirtschaftslandesrat Schuschnig und WKK-Präsident Mandl. Stets in der Kritik: Die zögerliche Verwaltung, die die Energiewende behindere.

Voller Saal, gute Stimmung, gespannte Erwartung: Mit einem launigen Koreferat zu den eher trüben Wirtschaftsaussichten – „Stagflation ist das Wort des Winters“ – eröffnete am Freitagabend Moderator Adolf Winkler den Wirtschaftskonvent von Land Kärnten, der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer im Klagenfurter Lakeside Spitz.

Gleich zu Beginn schwor WK-Präsident Jürgen Mandl die rund 400 Besucherinnen und Besucher aus allen Bereichen der Kärntner Wirtschaft mit einer geballten Ladung Emotion auf Optimismus ein. Mit Entschlossenheit und einem enormen Durchhaltevermögen habe Kärnten die vergangenen beiden Jahre hervorragend gemeistert und sei dabei weit weniger wirtschaftlich zurückgefallen als viele andere Länder: „Obwohl es einen Mangel gab an allen Ecken und Enden durch Lieferverzögerungen oder Personalmangel, haben wir bewiesen, wie gut wir sind. Und wenn wir heute jeden Tag hören, dass die Welt untergeht, werden wir auch das bewältigen!“

Die 2026 in Betrieb gehende Koralmbahn, der vor der Umsetzung stehende Zollkorridor zwischen einem der größtem Adria-Häfen, Triest, und der Logistikdrehscheibe LCA Süd Fürnitz/Villach, ein Exportwachstum in den Nachbarmärkten von bis zu 80 Prozent durch kontinuierliche Bearbeitung – für Mandl sind das die Eckpfeiler begründeter, großer Zukunftshoffnungen für den Standort Kärnten.

Intensiv widmete sich Mandl auch dem Thema Klimawandel: „Wir Unternehmerinnen und Unternehmer sind Teil der Lösung, nicht der Katastrophe!“ Die aktuelle, manchmal konfrontative Phase zwischen Wirtschafts- und Umweltinteressen bezeichnete er als „Entwicklungsprozess“, den man durchmachen müsse: „Es gibt Hochs und Tiefs, Ausfälle, Neugründungen – das war immer so. Aber wir gehen diesen Klimachange an, und wir sind weit unterschätzt!“

In einer sehr offenen und programmatischen Keynote sprach Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig die aktuelle Situation an: „Noch nie in der jüngeren Vergangenheit waren die Zeiten so herausfordernd, waren der Wohlstand und der Standort so gefährdet.“ Er bemängelte die „Symptompolitik auf EU-Ebene“ und warnte eindringlich vor einer „falsch verstandenen Appeasement-Politik“, sonst drohe ein „wirtschaftspolitisches Multiorganversagen“.

Seine Gegenstrategie präsentierte Schuschnig in fünf Punkten: Man müsse alles unternehmen, um die Energiepreise wieder unter Kontrolle zu bekommen und der Wirtschaft mittels eines Schutzschirms wieder Planbarkeit zu geben. Die Energiewende müsse vorangetrieben werden mit einem klaren Bekenntnis zu regionalen Alternativen: „Unsere Unabhängigkeit steht auf dem Spiel!“ Beim Arbeitsmarkt sprach sich Schuschnig für eine zeitlich abgestufte Unterstützung aus: „Das Arbeitslosengeld ist kein Lebensmodell!“ Der Schuschnig-Plan wird vervollständigt durch die Forderung nach Entwicklung neuer Infrastrukturen (beispielsweise bei Wasserstoff) und die optimale Umsetzung des „Jahrhundertprojekts Koralmbahn“. Schuschnig: „Wir haben es in der Hand: Trauen wir uns, auch politisch noch nie dagewesene Entscheidungen zu treffen!“

Nach dem emotionalen Appell Mandls und der Schuschnig-Strategie zur Krisenbewältigung war es an WKO-Präsident Harald Mahrer, den Konvent mit einer durchaus selbstkritischen geopolitischen Einordnung abzuschließen. In wenigen Jahren würden 60 Prozent der Weltbevölkerung in Asien leben, in Europa neun. Es sei an der Zeit, zur Kenntnis zu nehmen, dass das westliche Verständnis von freier Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie nicht automatisch überall geteilt werde. Umso stärker würdigte Mahrer das hohe Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz in Europa, das auch ausstrahle: „Neun von zehn Wirtschaftsmissionen, die nach Österreich kommen, interessieren sich für nachhaltige, innovative Energie aus Wasser, Sonne und Wind, für Abfallvermeidung und -bearbeitung, für unsere zahllosen Bespiele der Kreislaufwirtschaft.“

Deshalb verlangte Mahrer auch „mehr politisches Leadership und Planung in Europa, auch in Österreich“: Man werde zehntausende neue Jobs schaffen müssen, um den Klimawandel auch umzusetzen. Sein Appell: „Niemand stellt sich gegen den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter, aber das muss halt auch mit Hausverstand gemacht werden.“ Sein Rat: Neue Wege gehen, zum Beispiel weg von der „not in my backyard“-Mentalität, wonach Alternativenergieprojekte unterstützt würden, solange man selber nicht betroffen sei. Mahrer: „Wir können sicher noch viel tun bei der Energieeffizienz, aber wir werden trotzdem viel mehr Strom brauchen. Dabei müssen wir ehrlich sein: Wenn der Winter kalt ist, die Flüsse wenig Wasser führen, kein Wind weht und die Nacht finster ist: Was glauben Sie denn, wo der Strom dann herkommt?“ Und er gab auch gleich die Antwort darauf: Aus Atomkraftwerken in Tschechien und der Slowakei, aus Kohlekraftwerken in Deutschland.

Neue Wege braucht es laut Mahrer auch bei der Bewältigung einer weiteren bedenklichen Entwicklung, nämlich jener der Bevölkerungszahlen. Schon 2030 könnten in Kärnten nicht die schon bisher gefürchteten 35.000 Erwerbstätigen fehlen, sondern noch etwa 10.000 mehr. Mahrer: „Neue Wege heißt: Warum sollen Menschen, die das Pensionsalter erreicht haben, nicht zwei Jahre länger arbeiten, ohne Pensionsversicherungsbeiträge, und dabei schon einen Teil der Pension bekommen? Das ist finanziell attraktiv, da kommen substantielle Zahlen zusammen!“ Auch den Export des heimischen dualen Bildungssystems kann sich Mahrer vorstellen: „Wir können duale Akademien im Ausland einrichten, wo es – zum Beispiel im Firmenverbund – eine Fachausbildung und Deutschunterricht gibt. Wer möchte, kann danach zu uns kommen.“ Mahrers aufmunternder Rat an Kärnten: „Ihr größter Standortvorteil ist die Schönheit des Landes. Warum werben Sie nicht damit, hier zu arbeiten, wo andere nur ein paar Tage Urlaub machen können?“

Umrahmt wurden die Statements von Paneldiskussionen, die Moderator Winkler mit interessanten Gästen führte. Für leise Unruhe im Publikum sorgte Agnes Zauner, die politische Geschäftsführerin von Global 2000, die unverhohlen von einer Redimensionierung der Wirtschaft aus Umwelt- und Klimaschutzgründen sprach. IV-Vizepräsident Otmar Petschnig beruhigte die Debatte und lud Zauner ein, gemeinsam mit der Industrie – „450 Betriebe in Kärnten, 40 Prozent der Wertschöpfung“ – Umweltprojekte zu realisieren. Wenn die Verwaltung es denn zuließe, brachte Professor Georg Eisenberger, Spezialist für öffentliches Wirtschaftsrecht, das Dilemma auf den Punkt: „Wir hatten gerade einen Fall, da musste ein Unternehmer der Behörde mittels Gutachten nachweisen, wie viele Regenwürmer in einem Kubikmeter Erdaushub sind. So wird das nichts werden mit der Energiewende.“

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