Zehn Projekte in der engeren Auswahl für den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit

Zehn Projekte in der engeren Auswahl für den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit
Bundesschule Aspern (Foto: Kurt Hoerbst)

Wien (A) Auch in seiner siebten Auflage war das Interesse der Fachwelt am Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit riesengroß. 72 Projekte aus ganz Österreich – vom Schulbau über Wohnanlagen bis hin zum Gewerbebau– bewarben sich um die renommierte Auszeichnung. Die zehn besten Projekte wurden nun von einer unabhängigen Jury nominiert. Die Bekanntgabe der Preisträger:innen erfolgt im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Dezember 2021 in Wien.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler freut sich über das große Interesse der zahlreichen Architektur- und Planungsbüros und der Immobilienwirtschaft an der Auszeichnung: „Die hochwertige Weiterentwicklung des Gebäudebestandes ist ein zentraler Baustein zur Erreichung der nationalen Klimaziele und für eine klimaneutrale Zukunft. Ich freue mich sehr, dass es in diesem Jahr erneut so viele Einreichungen gab. Alle eingereichten Projekte und vor allem die zehn Nominierungen zeigen klar: Nachhaltige Architektur ist mittlerweile ein fester Bestandteil der heimischen Bau- und Sanierungsprojekte. Sehr erfreulich ist auch wieder die herausragende Qualität der Einreichungen und es gibt dabei immer mehr Sanierungen und Weiterentwicklungen von Bestandsgebäuden.“

Katharina Bayer ist neue Vorsitzende der Staatspreisjury
Großes Lob für die Einreichungen kommt auch von Architektin Katharina Bayer, die seit heuer die neue Vorsitzende der internationalen Staatspreisjury ist: „Wir waren beeindruckt von der hohen Qualität und Fülle der Projekteinreichungen. Praktisch aus ganz Österreich und für jede Art von Gebäude bis hin zu ganzen Quartieren wurden tolle Projekte eingereicht, von denen wir die allerbesten für eine Nominierung ausgewählt haben.“

Die sechs-köpfige Jury ist gleichermaßen mit Expert:innen aus Architektur und Nachhaltigkeit besetzt. Beiden Gruppen steht ein Vetorecht bei der Auswahl zu. Als Ausgangsbasis für die Nachhaltigkeitsbewertung werden dabei die strengen Anforderungen des klimaaktiv Gebäudestandards herangezogen.

Sanierung und Bestandsentwicklung am Vormarsch
Wie sehr die für das Erreichen der Treibhausgasneutralität bis 2040 dringend notwendige Sanierung und Bestandsentwicklung bereits in der hochwertigen Gebäude- und Immobilienwirtschaft angekommen ist, zeigt auch die heute veröffentlichte Nominierungsliste. Lediglich vier der zehn nominierten Projekte sind Neubauten, zwei davon Ersatzneubauten in zentralen Lagen in Wien und Salzburg. Bei den anderen sechs Projekten handelt es sich um ambitionierte Sanierungsprojekte, Um- und Zubauten von Bestandsobjekten und die Weiterentwicklung eines Ortszentrums.

Unterstützt wird der Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2021 von der HYPO NOE Landesbank und vom Fachverband Steine-Keramik.

Über klimaaktiv
Der Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit wird seit dem Jahr 2006 vom Umweltministerium im Rahmen seiner Klimaschutzinitiative klimaaktiv ausgelobt. Mit der Entwicklung und Bereitstellung von Qualitätsstandards, der Aus- und Weiterbildung, mit Beratung, Information und einem großen Partnernetzwerk ergänzt klimaaktiv die Klimaschutzförderungen.

Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit
Nominierte 2021

Atelierhaus (Neubau), Wien
Bauherrschaft: Caelum Development GmbH
Architektur: Werner Neuwirth
Fachplanung: IPJ Ingenieurbüro P. Jung GmbH (Energiesimulation); Fröhlich Locher & Partner (Statik); Hamp-Armbruster Bauphysik OG (Bauphysik); TB Eipeldauer & Partner GmbH und Zentraplan Planungsges.m.b.H. (TGA); Rajek Barosch Landschaftsarchitektur (Freiraumplanung)

Statt einer Lagerhalle, wie sie ursprünglich an dieser Stelle vorgesehen war, entschied sich der Wiener Architekt Werner Neuwirth dazu, die schmale Parzelle neben den Zuggleisen mit einem nutzungsgemischten Atelierhaus zu bebauen. Unter den 87 Einheiten gibt es Büros, Studios, Ateliers, Betriebswohnungen und Ausstellungsräume. Auffällig ist die verspielte Fassade mit unterschiedlich gesetzten Fenstern, hinter denen sich zum Teil zweigeschoßige, bis zu fünf Meter hohe Räume verbergen. Der kompakte Stahlbetonbau, der im Inneren konsequent in Sichtbeton ausgeführt ist, wird über thermisch aktivierte Tiefgründungen temperiert. Zur weiteren Versorgung zählen Wärmepumpe und Photovoltaik. Am Dach gibt es private und öffentliche Terrassenflächen.

Betriebsgebäude Denkwerkstätte (Umbau), Hittisau, Vorarlberg
Bauherrschaft: Georg Bechter
Architektur: Georg Bechter Architektur + Design
Fachplanung: Gerhard Ritter (Haustechnik)

Architekt Georg Bechter hat den alten Kuhstall, den sein Vater errichtet hatte, saniert und als Büro und Leuchtenmanufaktur adaptiert. Das Gebäude wurde bis auf die Primärkonstruktion abgetragen, anschließend wurde der Holzbau mit regionalen und nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Holz und Lehm neu verkleidet. Darüber hinaus dient das Haus als Schauraum und Experimentierlabor für die Produkte aus dem eigenen Portfolio. An der Südfassade wurde als Wärmepuffer ein verglastes Stiegenhaus errichtet. Zum umfassenden Energiekonzept zählen Wärmepumpe, Solarthermie, eine PV-Anlage sowie – eine Seltenheit im österreichischen Bauen – ein Eisspeicher, der in der ehemaligen Jauchegrube installiert wurde und mit Brunnenwasser gespeist wird.

Bildungszentrum Frastanz Hofen (Sanierung und Zubau), Vorarlberg
Bauherrschaft: Marktgemeinde Frastanz
Architektur: Pedevilla Architects
Fachplanung: Spektrum Bauphysik und Bauökologie GmbH (Bauphysik); Planungsteam E-Plus GmbH (Haustechnik); elektrodesign Fröhle René (Elektroplanung); gbd ZT GmbH (Projektsteuerung); Albrecht Baumanagement GmbH (Örtliche Bauaufsicht)

Das bestehende Schulgebäude wurde erweitert, wobei Alt- und Neubau eine untrennbare Symbiose miteinander eingehen. Während die äußere Erscheinung in einem homogenen Schokoladeton eingefärbt ist, kommen im Innenraum teils geölte, teils unbehandelte Fichtenböden zum Einsatz. Mit viel Liebe zum Detail wurden Möbel, Raumöffnungen und Wegleitsystem gestaltet, wobei die charakteristische Giebelform des Hauses immer wieder als grafische Vorlage dient. Bei den Baustoffen wurden vor allem regionale Produkte wie etwa Kalkputz eingesetzt, hinzu kommt ein umfassendes Produkt- und Chemikalienmanagement. Zur technischen Versorgung zählen eine Fußbodenheizung sowie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Bürogebäude Kundmanngasse (Sanierung), Wien
Bauherrschaft: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen
Architektur: Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés / Christian Anton Pichler ZT GmbH
Fachplanung: Schöberl & Pöll GmbH (Bauphysik); ZFG - Projekt GmbH/ TB Eipeldauer + Partner GmbH (Haustechnik); ARGE Östu Stettin - HABAU (Generalunternehmer); Vasko+Partner (Bauherrenbegleitung)

Seit 1976 ist der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in der Kundmanngasse beheimatet. Der dunkelbraune Büroturm war architektonisch und technisch veraltet. Statt eines Abbruchs entschied sich die Bauherrin zu einer umfassenden Generalsanierung mit Fokus auf technische Nachhaltigkeit. Das Resultat ist ein helles, modernes Gebäude mit Zubauten für Konferenzen und öffentliche Gastronomie. Dazwischen ist ein neuer, städtebaulicher Vorplatz entstanden, der die Mitarbeiter:innen und Besucher:innen in einer freundlichen Geste empfängt. Das Bürohaus wurde energetisch optimiert und verbraucht nun dank Fernwärme, Bauteilaktivierung, PV-Anlage und einer lüftungstechnisch durchdachten Doppelfassade im Passivhaus-Standard deutlich weniger Energie als die allermeisten Hochhausneubauten.

Geschäftshaus Mariahilferstraße (Neubau), Wien
Bauherrschaft: IKEA Einrichtungen-Handelsgesellschaft m.b.H.
Architektur: querkraft architekten
Fachplanung: Ingenieurbüro P. Jung (Energie/Bauphysik); Kräftner Landschaftsarchitektur Ingenieurbüro für Landschaftsplanung und –architektur; Green4Cities GmbH (Landschaftsplanung); Thomas Lorenz ZT GmbH (Statik); TB Eipeldauer + Partner GmbH (Elektrotechnik-Planung); rhm gmbh (Haustechnik)

Im Gegensatz zur blauen Kiste am Stadtrand ist der neue City-Ikea am Westbahnhof ein offenes, durchgrüntes Haus voller Ein- und Ausblicke. Der Kern des Gebäudes ist von einem weißen Stahlgrid umhüllt, in dem immer wieder Erker und Pflanzenbalkone mit Laub- und Nadelbäumen zu finden sind. Dank Fernwärme, Bauteilaktivierung, großzügiger Versorgung mit Tageslicht, baulichen Verschattungsmaßnahmen und seiner einfachen, flexiblen Baustruktur, die zu einem späteren Zeitpunkt auch alternative Nutzungen zulässt, verbraucht das Gebäude weniger Ressourcen als vergleichbare Möbelhäuser. Zu den publikumswirksamsten Maßnahmen zählen die öffentlich begehbare Dachterrasse sowie die Begrünung mit insgesamt 160 Bäumen.

Paracelsus Bad & Kurhaus (Neubau), Salzburg
Bauherrschaft: Stadtgemeinde Salzburg / KKTB, abgewickelt durch die Stadt Salzburg Immobilien GmbH
Architektur: Berger+Parkkinen Architekten ZT GmbH
Fachplanung: Ingenieurbüro Rothbacher GmbH (Bauphysik); sv.pf engineering (Bäderplanung); idealice Landschaftsarchitektur ZT (Landschaftsarchitektur); BauCon ZT GmbH (Statik); Technisches Büro Herbst GmbH (Elektrotechnik); MDE metal design engineering GmbH (Fassadenkonsulent); Haustechnik Dick & Harner GmbH (HKLS)

Anstelle der alten, in die Jahre gekommenen Badeanstalt wurde ein kompakter, mehrgeschoßiger Neubau errichtet. Während die wertvollen Anteile an der Fassade mit Kur- und Baderäumen bestückt wurden, versteckt sich die umfangreiche Haustechnik im Gebäudeinneren. Besonders hohes Augenmerk wurde auf die hochwertige Materialität mit eigens angefertigten Keramikstäben gelegt. Das charakteristische Element ist nicht nur an der Fassade zu finden, sondern prägt auch die Schwimmhalle. Über die organisch geformte Decke und den Light-Dome über dem Pool wird der Schwimmbereich mit reichlich Tageslicht versorgt. Dank Fernwärme, Wärmepumpe, hauseigener Abwärme und Photovoltaik am Dach kommt der Sonderbau mit deutlich weniger Energie aus als vergleichbare Projekte in Österreich.

Stadthaus Lederergasse (Sanierung), Linz
Bauherrschaft: Sandra Gnigler und Gunar Wilhelm
Architektur: mia2 Architektur ZT GmbH

Das Stadthaus aus dem 16. Jahrhundert wurde saniert und aufgestockt. Auffällig ist der behutsame Umgang mit der historischen Bausubstanz, was Materialität, Erschließung und Raumqualität betrifft. Im Innenhof wurde ein intimer Garten mit schwarzer Holzlattung und Glasfaserstegplatten angelegt, an der Innenfassade wurde eine elegante Treppenskulptur aus Betonfertigteilen errichtet und an den Balkonen wurden im Sinne der Kreislaufwirtschaft alte Vintage-Stahlbrüstungen aus einem Abbruchhaus wiederverwendet. Im Bereich der Aufstockung kamen Holz, Glas und innenliegende Stampflehmwände als speicherfähige Masse zum Einsatz.

Volksschule Leopoldinum (Neubau), SmartCity Graz
Bauherrschaft: Stadt Graz
Architektur: alexa zahn architekten
Fachplanung: teamgmi - Ingenieure für Energieeffizienz und Komfort (TGA- HKLS + Energie); integral ZT GmbH (Generalplanermanagement); Werkraum Ingenieure ZT GmbH (TragwerksplanungKubik Project GmbH (TGA- Elektro); Dr Pfeiler GmbH (Bauphysik); Marlis Rief (Freianlagen – Bepflanzung)

In den letzten Jahren hat die SmartCity entlang der Waagner-Biro-Straße zunehmend Gestalt angenommen. Das pädagogische Zentrum des Stadterweiterungsgebiets bildet der Schulcampus Leopoldinum. Die Volksschule für rund 330 Schüler:innen, die in den kommenden Jahren um eine Mittelschule erweitert werden soll, überzeugt durch ihren städtebaulichen Vorplatz, durch die hochwertige Materialität sowie durch die luftig im Haus verteilten Lerncluster, die dem Kind gleichermaßen verspielt und respektvoll gegenübertreten. Hinter dem dunklen Haus mit seinen charakteristischen Betonfertigteilen verbirgt sich ein ausgeklügeltes Haustechnik-Konzept mit Fernwärme, Geothermie, Bauteilaktivierung und Lüftungsanlage.

Wohngebäude Geblergasse (Sanierung), Wien
Bauherrschaft: Angelika und Johannes Zeininger
Architektur: © zeininger architekten
Fachplanung: TB Käferhaus GmbH (HKLS)

Der Straßenblock im 15. Wiener Gemeindebezirk umfasst knapp 20 Parzellen und ist ein typisches Beispiel für die heterogene Verbauung im gründerzeitlichen Wien. Im Zuge einer umfassenden Sockelsanierung wurden die Häuser in der Geblergasse 11 und 13 erweitert, aufgestockt und haustechnisch von Grund auf erneuert. Erstmals in Österreich kam im historischen Bestandsbau Geothermie zum Einsatz. Die Erdwärme-Anlage lässt jederzeit einen Ausbau zu, sodass das technische Versorgungskonzept in Zukunft zu einem Anergienetz für den gesamten Straßenblock ausgebaut werden kann. Nicht zuletzt wurde das realisierte Forschungsprojekt mit Kastenfenstern und behutsamen Eingriffen auch architektonisch ansprechend gelöst.

Siedlungs- und Quartiersentwicklung Ortszentrum Stanz, Steiermark
Bauherrschaft: Gemeinde Stanz im Mürztal / Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Ennstal reg. Gen.m.b.H.
Architektur: Nussmüller Architekten ZT GmbH
Fachplanung: Ingenieurbüro DI Peter Rath (Statik); rosenfelder & höfler consulting engineers GmbH & Co KG (Bauphysik); TBH Ingenieur GmbH (HKLS); IB STENGG GMBH (Elektrotechnik)

Die Stanz ist eine der wenigen Gemeinden im Mur-Mürz-Tal, die in den letzten Jahren Zuzug verzeichnen konnten. Zu verdanken ist dies einer innovativen Gemeinde- und Baukulturpolitik, die vor allem in Mobilität, Nahversorgung und nachhaltige Energiekonzepte investiert. Eine der gesetzten Initiativen betrifft das neue Ortszentrum. Das Rathaus wurde um einen multifunktionalen Veranstaltungs- und Gemeinderatssaal erweitert, daneben entstand ein mischgenutzter Holzneubau mit Wohnungen und einem neuen, lokal betriebenen Bio-Supermarkt. Damit übernimmt das Gebäude dank Wohnen, Infrastruktur und Nachverdichtungsimpuls eine wichtige Rolle im Dorfleben. Die Stanz ist ein schönes Beispiel für gelebte, nachhaltige Baukultur im ländlichen Raum.

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